Angststörungen
Angst ist eine normale Reaktion auf eine Situation, die als bedrohlich erlebt wird. Angst kennt fast jeder Mensch, ohne deswegen schon krank zu sein. Sind die Ängste übersteigert oder nicht begründet, können sie Anzeichen für eine psychische Erkrankung sein, insbesondere wenn sie das alltägliche Leben erheblich einschränken.
Zahlen und Fakten
- Angst ist eine normale Reaktion auf eine Situation, die als bedrohlich erlebt wird. Angst kennt fast jeder Mensch, ohne deswegen schon krank zu sein.
- Sind die Ängste übersteigert oder nicht begründet, können sie Anzeichen für eine psychische Erkrankung sein, insbesondere wenn sie das alltägliche Leben erheblich einschränken.
- Ängste können zum Beispiel so stark und überfallartig werden, dass sie Panikattacken auslösen: das Herz beginnt zu rasen, man schwitzt und atmet schwer oder die Hände zittern.
- Menschen können Angst vor sehr verschiedenen Situationen oder Dingen entwickeln: vor Menschengedränge, vor Höhen, davor, von anderen negativ beurteilt zu werden, oder vor Spritzen oder Spinnen. Viele dieser Ängste kennen die meisten Menschen. Wenn sie so stark werden, dass sie das alltägliche Leben stark beeinträchtigen, sollten sie behandelt werden.
- Wenn Sie mehr über einzelne Angststörungen wissen möchten, klicken Sie bitte hier:PanikattackenPlatzangstAngst vor weiten Plätzen (Agoraphobie)Angst, von anderen negativ beurteilt zu werden (soziale Ängste/Phobien)Angst vor spezifischen Angstauslösern, zum Beispiel Spinnen, Spritzen oder dem Fliegen (spezifische Ängste/Phobien)ständige alltägliche Sorgen, die alles überschatten (generalisierte Angststörung).
- Panikattacken
- Platzangst
- Angst vor weiten Plätzen (Agoraphobie)
- Angst, von anderen negativ beurteilt zu werden (soziale Ängste/Phobien)
- Angst vor spezifischen Angstauslösern, zum Beispiel Spinnen, Spritzen oder dem Fliegen (spezifische Ängste/Phobien)
- ständige alltägliche Sorgen, die alles überschatten (generalisierte Angststörung).
- Alle Angststörungen zusammen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Etwa ein Viertel aller Menschen erkrankt einmal im Leben daran, Frauen in etwa doppelt so häufig wie Männer.
- Meist liegt neben der Angststörung noch eine weitere psychische Erkrankung vor, zum Beispiel eine Depression oder ein Missbrauch von Alkohol oder Medikamenten.
Ursachen und Risikofaktoren
Es gibt nicht eine einzelne Ursache für Angsterkrankungen, sondern es sind immer mehrere Faktoren, die zusammenwirken:
- Genetische Veranlagung, eine Erkrankung zu entwickeln: Studien mit Zwillingen weisen darauf hin, dass es genetische Faktoren gibt, welche die Entwicklung einer Angststörung wahrscheinlicher machen.
- Neurobiologie: Bei Patient*innen mit Angststörung kann es an einigen Botenstoffen im Gehirn mangeln. Es kann auch sein, dass die Botenstoffe nur schlecht wirken. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass die Patient*in dauerhaft angespannt ist oder negative Gedanken hat.
- Psychische und soziale Belastungen: Viele Patient*innen hatten vor ihrer Erkrankung schwerwiegende Lebensereignisse, wie zum Beispiel den Tod oder die schwere Erkrankung einer nahestehenden Person, eine Trennung oder den Verlust des Arbeitsplatzes.
- Ungünstige Erfahrungen: Nach verhaltenstherapeutischen Theorien haben viele erkrankte Personen beim Aufwachsen die Erfahrung gemacht, schwierige Situationen nicht allein meistern zu können, beispielsweise durch einen überbehütenden Erziehungsstil der Eltern. Auch das Beobachten ängstlicher Eltern oder auch das intensive Erleben einer besonders angstauslösenden Situation können prägende Erfahrungen sein.
- Unbewusste Konflikte: Auch nach psychodynamischen Theorien entstehen Ängste durch die Erfahrung, in bedrohlichen Situationen hilflos gewesen zu sein. Dies können zum Beispiel konflikthafte Situationen aus der Kindheit sein, aber auch innerseelische, oft unbewusste Gewissenskonflikte. Typischerweise liegen bei Angststörungen auch sogenannte Abhängigkeit-Unabhängigkeits-Konflikte vor, das heißt Patient*innen können hin- und hergerissen sein zwischen dem Verlangen nach dem Schutz durch andere und dem Bedürfnis, eigenständig und autonom zu sein.
Diagnostik
- Um abzuklären, wie die Ängste einzuschätzen sind, führt eine Psychotherapeut*in ein ausführliches Gespräch mit der Patient*in.
- Ängste sind meistens mit starken körperlichen Symptomen wie Schwitzen, Herzklopfen oder Zittern verbunden. Manchmal werden ergänzend medizinische Untersuchungen veranlasst, um zum Beispiel neurologische oder kardiologische Ursachen auszuschließen.
Therapie
- Verhaltenstherapie: Die Patient*in wird ermutigt und angeleitet, sich mit den angstauslösenden Situationen auseinanderzusetzen und zu konfrontieren. Dabei soll sie die Erfahrung machen, dass die Angst nach kurzer Zeit nachlässt, wenn zum Beispiel die angstbesetzte Situation nicht vermieden wird. Außerdem werden übertriebene Befürchtungen, zum Beispiel durch eine Panikattacke in Ohnmacht zu fallen, überprüft.
- Psychodynamische Therapie: Mit der Patient*in werden die Konflikte bearbeitet, die den Ängsten zugrunde liegen. Die Patient*in lernt, die Ängste vor dem Hintergrund prägender Erfahrungen in frühen Beziehungen zu verstehen und sie in ihren Alltag neu einzuordnen. Dabei geht es insbesondere um die Erkundung eines besonders angstverursachenden psychischen Konflikts, der sowohl bei der Entstehung der Ängste als auch bei der aktuellen Beziehungsgestaltung eine Rolle spielt.
- Medikamentöse Therapie: Zur medikamentösen Behandlung sind moderne Antidepressiva zugelassen. Auf angstlösende Mittel oder Beruhigungsmittel (zum Beispiel Valium®, Tavor®, Rohypnol®) sollte nicht zurückgegriffen werden, da es hier zu starken Nebenwirkungen (zum Beispiel Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit) kommen kann und die Gefahr sehr groß ist, dass sich eine Abhängigkeit von diesen Substanzen entwickelt. Bei neurologischen Ursachen können Medikamente helfen, zum Beispiel den Mangel an Botenstoffen auszugleichen.
Selbsthilfe
- Angstselbsthilfegruppen bieten Erkrankten und Angehörigen die Möglichkeit, sich offen über ihre Erfahrungen, Probleme und Erfolge auszutauschen.
- Die Adressen örtlicher Selbsthilfe-Kontaktstellen findet man auf der Website der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS). Darüber hinaus vermittelt auch die Deutsche Angst-Selbsthilfe (DASH) bundesweit und örtlich Selbsthilfegruppen.
Heilungschancen
- Angststörungen neigen dazu, sich zu verstärken und auszuweiten.
- Werden sie nicht behandelt, entwickelt sich häufig eine chronische Erkrankung.
- Angststörungen lassen sich sehr gut durch Psychotherapie behandeln. Bis zu 80 Prozent der Patient*innen sind nach einer psychotherapeutischen Behandlung dauerhaft frei von behandlungsbedürftiger Symptomatik.
- Auch moderne Antidepressiva zeigen Erfolge in der Behandlung dieser Angststörungen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Wirkung oft nur so lange anhält, wie die Medikamente eingenommen werden. Dadurch kann es zu einer psychischen Abhängigkeit kommen. Vor allem langfristig hat Psychotherapie die besseren Wirkungen.
Links und Literatur
Fachliteratur
Bandelow, B.; Wiltink, J.; Alpers, G. W.; Benecke, C.; Deckert, J.; Eckhardt-Henn, A.; Ehrig, C.; Engel, E.; Falkai, P.; Geiser, F.; Gerlach, A. L.; Harfst, T.; Hau, S.; Joraschky, P.; Kellner, M.; Köllner, V.; Kopp, I.; Langs, G.; Lichte, T.; Liebeck, H.; Matzat, J.; Reitt, M.; Rüddel, H. P.; Rudolf, S.; Schick, G.; Schweiger, U.; Simon, R.; Springer, A.; Staats, H.; Ströhle, A.; Ströhm, W.; Waldherr, B.; Watzke, B.; Wedekind, D.; Zottl, C.; Zwanzger, P.; Beutel, M. E. (2014). Deutsche S3-Leitlinie Behandlung von Angststörungen. www.awmf.org/leitlinien.html (2014). Abrufbar unter: https://www.researchgate.net/publication/305479086_S3-Leitlinie_Angststorungen [abgerufen am 15.10.2020].
Hoffmann SO (2008). Psychodynamische Therapie von Angststörungen. Stuttgart: Schattauer.
Schneider, S. & Margraf, J. (2017). Agoraphobie und Panikstörung. Fortschritte der Psychotherapie, B. 3. 2. Auflage, Göttingen: Hogrefe.
Jacobi, F.; Höfler, M.; Strehle, J. et al. (2014). Psychische Störungen in der Allgemeinbevölkerung Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland und ihr Zusatzmodul Psychische Gesundheit (DEGS1-MH), Nervenarzt, 85, 77–87.
Mack, S.; Jacobi, F., Gerschler, A. (2014). Self-reported utilization of mental health services in the adult German population – evidence for unmet needs? Results of the DEGS1-Mental Health Module (DEGS1-MH). Int J Methods Psychiatr Res, 23(3), 289-303.
Ratgeber
Heinrichs, N. (2007). Ratgeber Panikstörung und Agoraphobie. Informationen für Betroffene und Angehörige Göttingen: Hogrefe.
Leidig, S. & Glomp, I. (2003). Nur keine Panik!: Ängste verstehen und überwinden. München: Kösel.
Schmidt-Traub, S. (2008). Angst bewältigen. Selbsthilfe bei Panik und Agoraphobie, 4. Aufl. Berlin: Springer.
Bandelow, B.; Wiltink, J.; Alpers, G. W.; Benecke, C.; Deckert, J.; Eckhardt-Henn, A.; Ehrig, C.; Engel, E.; Falkai, P.; Geiser, F.; Gerlach, A. L.; Harfst, T.; Hau, S.; Joraschky, P.; Kellner, M.; Köllner, V.; Kopp, I.; Langs, G.; Lichte, T.; Liebeck, H.; Matzat, J.; Reitt, M.; Rüddel, H. P.; Rudolf, S.; Schick, G.; Schweiger, U.; Simon, R.; Springer, A.; Staats, H.; Ströhle, A.; Ströhm, W.; Waldherr, B.; Watzke, B.; Wedekind, D.; Zottl, C.; Zwanzger, P.; Beutel M. E. (2014). Patientenleitlinie Behandlung von Angststörungen. Abrufbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/051-028p_S3_Angstst%C3%B6rungen_2017-10-abgelaufen.pdf [abgerufen am 15.10.2020].