Cannabis legalisieren, Alkohol verteuern, Hilfsangebote ausbauen
Drogen- und Suchtpolitik in Deutschland neu ausrichten
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hält es für notwendig, die Drogen- und Suchtpolitik grundsätzlich neu auszurichten. Statt auf Verbot und Kriminalisierung sollte sie auf Regulierung, Prävention und aufgeklärten, kompetenten und eigenverantwortlichen Gebrauch von Drogen setzen. Das ist der beste Schutz vor Drogenmissbrauch und -abhängigkeit. „Von keiner Drogenpolitik ist zu verhindern, dass Drogen ausprobiert und gebraucht werden. Deshalb sollten Erwachsene wie Jugendliche auch lernen, Drogen so zu nutzen, dass sie ihre Gesundheit nicht gefährden und das Risiko für Missbrauch und Abhängigkeit gering bleibt.“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der BPtK.
Die BPtK fordert deshalb, Cannabis zu legalisieren, Alkohol deutlich stärker zu besteuern und beide ausschließlich über staatlich lizenzierte Geschäfte abzugeben. Werbung ist für alle legalen Drogen grundsätzlich zu verbieten. Die Abgabe an Minderjährige muss stärker als bislang sanktioniert werden. Unverzichtbar ist außerdem der gezielte Ausbau von Aufklärungsangeboten ebenso wie von professionellen Angeboten zur Früherkennung, Behandlung und Rehabilitation von Suchterkrankungen, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Das Ziel bleibt das gleiche wie das der bisherigen Drogenpolitik: Drogenmissbrauch und -abhängigkeit vermeiden.
Cannabis ist nicht harmlos: Es kann, anders als früher angenommen, auch körperlich abhängig machen und birgt insbesondere das Risiko, an einer Psychose zu erkranken. Alkohol ist deutlich gefährlicher als Cannabis. Alkohol kann tödlich sein. In Deutschland sterben jedes Jahr 14.000 Personen an Alkoholerkrankungen und Leberschäden. Alkohol fördert aggressives und gewalttätiges Verhalten. Jede vierte Gewalttat erfolgt unter Alkoholeinfluss. Alkohol erhöht das Risiko, an einer Psychose zu erkranken, deutlich. Er wird von vielen Expert*innen aufgrund seiner leichten Verfügbarkeiten, seinen massiven gesundheitlichen Schäden und gesellschaftlichen Kosten als „die gefährlichste aller Drogen“ eingeschätzt. Cannabis gilt als eine moderat schädliche Droge.
Alkohol ist als legale Droge in Deutschland fast überall verfügbar und ausgesprochen preiswert. Fast jede fünfte Deutsche* trinkt Alkohol in riskanten Mengen. Cannabis ist die meistgebrauchte illegale Droge. Mehr als jede vierte Deutsche* hat schon mindestens einmal im Leben Cannabis als Rauschmittel genutzt. Jede zweite junge Erwachsene* (46,4 %) und jede zehnte Jugendliche* (10,4 %) hat dieses Rauschmittel schon einmal ausprobiert. Der Gebrauch von Cannabis nimmt seit Jahrzehnten zu – trotz Verbot und Strafen. Die deutsche Prohibitionspolitik, die den Cannabis-Gebrauch einschränken sollte, ist damit gescheitert.
Die BPtK fordert deshalb, Cannabis zu legalisieren und ergänzend zu regeln:
- Mindestalter für den Erwerb aller legalen Drogen auf 18 Jahre festlegen,
- Verkaufsverbot von Cannabis in Nahrungsmitteln,
- Cannabis nach seiner stärksten psychoaktiven Substanz (THC-Gehalt) und Menge besteuern, THC-Gehalt auf höchstens 15 Prozent beschränken,
- Alkoholsteuer auf den europäischen Durchschnitt erhöhen und einen Mindestpreis für Alkohol festlegen,
- Abgabe aller legalen Drogen ausschließlich über staatlich lizenzierte Geschäfte,
- Abgabe legaler Drogen an Minderjährige stärker sanktionieren,
- striktes Werbeverbot für alle legalen Drogen,
- Aufklärungs- und Anti-Stigma-Kampagnen zu Suchterkrankungen,
- verpflichtende Aufklärungsprogramme zu Drogen an Schulen ab der sechsten Jahrgangsstufe,
- Screening zur besseren Früherkennung von Drogenmissbrauch,
- Suchtberatung als verpflichtendes Leistungsangebot der Kommunen,
- ambulante Psychotherapie bei Suchterkrankungen ohne Einschränkungen ermöglichen,
- Rehabilitationseinrichtungen zur Behandlung von Suchterkrankungen besser finanzieren,
- spezielle Behandlungsangebote für suchtkranke Kinder und Jugendliche schaffen,
- Therapie- und Versorgungsforschung bei Suchterkrankungen ausbauen.
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Veröffentlicht am 09. Juni 2022