„Das Warten muss jetzt ein Ende haben!“
BPtK fordert dringend mehr psychotherapeutische Behandlungsplätze
Psychisch kranke Menschen müssen seit über 20 Jahren monatelang auf eine Behandlung in einer psychotherapeutischen Praxis warten. „Seit der Einführung der psychotherapeutischen Bedarfsplanung 1999 fehlen unzählige psychotherapeutische Praxen“, erklärt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). „Überfällig ist eine Reform der Bedarfsplanung, die ihren Namen verdient. Wer psychisch erkrankt, muss sich deshalb seit mehr als zwanzig Jahren auf eine unzumutbar lange Suche nach einem freien Behandlungsplatz bei einer zugelassenen Psychotherapeut*in machen. Durch die Corona-Pandemie hat sich der Bedarf an psychotherapeutischer Hilfe noch einmal erheblich vergrößert.“
Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertag bereits angekündigt, die Bedarfsplanung zu reformieren. „Das Warten auf eine psychotherapeutische Behandlung muss jetzt endlich ein Ende haben“, fordert BPtK-Präsident Munz. „Der Bundesgesundheitsminister sollte noch in diesem Jahr ein Sofortprogramm für psychisch kranke Menschen verabschieden, mit dem mehr psychotherapeutische Praxen insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen ermöglicht werden.“
Kurze Geschichte der langen Wartezeiten
Seit mehr als 10 Jahren belegen Umfragen und Studien, dass psychisch kranke Menschen monatelang auf eine psychotherapeutische Behandlung warten müssen:
- rbb24-Recherche, 2022: Mehr als 50 Prozent der Patient*innen warten mehr als vier Monate nach dem ersten Kontakt auf eine psychotherapeutische Behandlung (https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/05/wartezeiten-psychotherapie-laenger-als-angaben-krankenkassen.html).
- Befragung der Uni Leipzig, 2021: Die Wartezeiten haben sich bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen während Corona fast verdoppelt: Vorher betrug die Wartezeit auf einen Therapieplatz im Mittel 14 Wochen, während der Corona-Pandemie waren es durchschnittlich 25 Wochen (https://t.co/1xa25uUG2A).
- DPtV-Umfrage, 2021: Seit Beginn der Pandemie warten fast 30 Prozent der Patient*innen bis zu einem halben Jahr auf eine psychotherapeutische Behandlung, 38 Prozent sogar länger (https://www.dptv.de/fileadmin/Redaktion/Bilder_und_Dokumente/Wissensdatenbank_oeffentlich/Umfragen/DPtV_Umfrage_Corona-Patientenanfragen_Februar_2021.pdf).
- BPtK-Auswertung von Versichertendaten, 2019: Nach einer Auswertung von über 300.000 Versichertendaten für das Jahr 2019 warten rund 40 Prozent der Patient*innen mindestens drei bis neun Monate auf den Beginn einer Behandlung, wenn zuvor in einer psychotherapeutischen Sprechstunde festgestellt wurde, dass sie psychisch krank sind und deshalb behandelt werden müssten (https://www.bptk.de/bptk-auswertung-monatelange-wartezeiten-bei-psychotherapeutinnen/).
- BPtK-Wartezeitenumfrage, 2018: durchschnittlich fast fünf Monate (19,9 Wochen) Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung nach der ersten Anfrage (https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2019/01/20180411_bptk_studie_wartezeiten_2018.pdf).
- Gutachten des Sachverständigenrats Gesundheit, 2018: durchschnittlich vier Monate Wartezeit auf eine ambulante psychotherapeutische Behandlung (https://www.svr-gesundheit.de/gutachten/gutachten-2018/).
- DPtV-Umfrage, 2017: durchschnittlich rund 19 Wochen Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung (https://www.dptv.de/fileadmin/Redaktion/Bilder_und_Dokumente/Wissensdatenbank_oeffentlich/DPtV_Hintergrund/DPtV-Hintergrund-2017-2.pdf).
- Umfrage „Die Zeit“, 2015: 35 Prozent der befragten Leser*innen warteten länger als sechs Monate nach dem ersten Anruf in einer psychotherapeutischen Praxis auf den Beginn einer Psychotherapie und 50 Prozent bis zu drei Monaten (https://www.zeit.de/2014/28/psychotherapie-therapieplatz-wartezeit).
- BPtK-Wartezeitenstudie, 2011: Die durchschnittliche Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung betrug knapp sechs Monate (23,4 Wochen) (https://www.bptk.de/wp-content/uploads/2019/01/20110622_BPtK-Studie_Langfassung_Wartezeiten-in-der-Psychotherapie.pdf).
Veröffentlicht am 07. Juni 2022