Sexualisierte Gewalt gegenüber Minderjährigen
Minderjährige besser vor sexualisierter Gewalt schützen
Das Bundesjustizministerium (BMJ) plant, das Strafmaß für den Erwerb, den Besitz und die Verbreitung von Bildmaterial mit Inhalten sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu ändern. Die BPtK fordert, dass neben der Strafverfolgung insbesondere die Prävention und Kinderschutzmaßnahmen gestärkt werden müssen.
Am 14. März 2024 hat der Deutsche Bundestag den Entwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches beraten, mit dem das Strafmaß zum Besitz, zum Erwerb und zur Verbreitung von Bildmaterial mit sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige geändert werden soll.
Wenn von sexualisierten Gewalttaten Bildaufnahmen angefertigt werden, ist dies für Opfer auch über die erlebte Gewalterfahrung hinaus eine weitere extreme psychische Belastung. Sie schämen sich, fühlen sich erniedrigt oder gar schuldig. Weil diese Aufnahmen aufgrund der Verbreitung im digitalen Raum immer wieder auftauchen können, werden Opfer wiederkehrend mit der traumatischen Gewalterfahrung konfrontiert, sie fühlen sich ständig bedroht und leben in Angst.
Minderjährige können auch Opfer bildbasierter sexualisierter Gewalt werden, wenn Nacktaufnahmen oder Aufnahmen sexueller Aktivitäten ohne ihr Einverständnis erstellt werden, beispielsweise wenn sie im Schlaf oder unter Alkoholeinfluss aufgenommen werden. Auch kommt es vor, dass Bildaufnahmen ohne ihr Einverständnis geteilt werden, etwa wenn private Nacktaufnahmen über Messenger-Dienste im Freundeskreis oder der Schule verbreitet werden. Kinder und Jugendliche können auch Opfer werden, wenn sie über „Cybergrooming“ zur Aufnahme von Bildern mit sexuellen Handlungen angeleitet werden und diese Bilder an die Täter*innen senden, die diese im Internet verbreiten. Auch „Fakeporn“, also gefälschte Bilder oder Videos mit sexualisierten Inhalten, ist eine Form der sexualisierten Gewalt.
Personen müssen bestraft werden, wenn sie sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ausüben. Kinder und Jugendliche sollten am besten jedoch gar nicht erst Opfer werden. Deshalb sollten aus Sicht der BPtK die Aufklärung und Prävention gestärkt werden. Insbesondere sollten Kinder, Jugendliche und ihre Eltern besser zum Thema bildbasierte sexualisierte Gewalt aufgeklärt werden. Dazu gehört einerseits, dass sie die Risiken im Internet und in den Sozialen Medien kennen. Beispielsweise, dass sie über „Cybergrooming“ informiert sind und wissen, wie sie sich dagegen wehren können und wo sie Unterstützung erhalten, wenn sie von sexualisierter Gewalt bedroht sind oder diese erlebt haben. Andererseits müssen sie auch darüber aufgeklärt werden, dass die Verbreitung von Bildmaterial sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige sowie das Teilen von Bildaufnahmen ohne Einverständnis eine Straftat darstellen. Wenn Bilder oder Videos mit sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige gefunden werden, sollten sie informiert sein, an welche zuständige Behörde sie den Fund melden können und wie sie selbst dazu beitragen können, dass Bildmaterial nicht (weiter) verbreitet wird und wie es verlässlich gelöscht wird.
Für Opfer ist die wiederkehrende Konfrontation mit dem Erlebten und den Bildern extrem verletzend. Die BPtK fordert daher, dass Online-Bildmaterial mit sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige schnellstmöglich aufgespürt und gelöscht werden muss. Deshalb müssen insbesondere die Betreiber entsprechender Plattformen verpflichtet werden, Risikobewertungen vorzunehmen, Schutzmaßnahmen zu etablieren sowie das Sicherstellen und Löschen von Bildmaterial in Zusammenarbeit mit den Polizei- und Strafverfolgungsbehörden zu gewährleisten. Für Opfer sexualisierter Gewalt müssen außerdem niedrigschwellige Hilfs- und Unterstützungsangebote persönlich, telefonisch oder per Chat zur Verfügung stehen, bei denen sie Rat unter anderem zu rechtlichen Fragen oder Behandlungsangeboten erhalten. Auch in der Strafermittlung und in Gerichtsverfahren sollten die psychischen Belastungen für Opfer so gering wie möglich gehalten werden. Zu diesem Zweck sollten die Verfahren altersgerecht und opfersensibel ausgestaltet sein.
Viele Opfer benötigen eine Psychotherapie, die der Beweiserhebung nicht im Weg steht, sondern sie vielfach überhaupt erst möglich macht. Wer keine Straftat begeht, kann Kindern und Jugendlichen auch nicht schaden. Aus Sicht der BPtK sollten Menschen mit Pädophilie niedrigschwellige Hilfsangebote zur Verfügung gestellt werden, damit Straftaten frühestmöglich vorgebeugt wird.
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages wird den Gesetzentwurf am 10. April 2024 in einer öffentlichen Anhörung beraten.
Veröffentlicht am 22. März 2024