Europa - Fachkräftemangel
EU-weiten Fachkräftemangel überwinden: „The Union of Skills“
Wer wird zukünftig Patient*innen behandeln? Wer übernimmt die Pflege in einer vom demografischen Wandel gezeichneten europäischen Gesellschaft? Wer kompensiert den Renteneintritt der Babyboomer? Fragen des Fachkräftemangels und der Fachkräftesicherung sind eine gewaltige Herausforderung, vor der alle europäischen Mitgliedsstaaten stehen. Dies ist ein Top-Thema, bei dem die Fachkräftesicherung im Gesundheitswesen eines der Kernanliegen ist.
Insgesamt fehlen rund 1,2 Millionen Fachkräfte in den europäischen Gesundheits- und Pflegesystemen. Insbesondere bei den Pflegekräften ist der Mangel eklatant. Der steigende Bedarf an Gesundheitsversorgung und Pflege steht in einem enormen Missverhältnis zu den verfügbaren Fachkräften und Ausbildungszahlen. Bereits Anfang Februar 2025 hatte das EU-Parlament ausführlich die Herausforderungen des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen diskutiert. Niedrige Bezahlung, vor allem in den Pflegeberufen, schlechte Arbeitsbedingungen durch Überlastung, Personalmangel und Schichtdienst, fragmentierte und teilweise lückenhafte Ausbildungen, aber auch hoher Bürokratieaufwand wurden von den EU-Parlamentarier*innen als Gründe für fehlenden Nachwuchs genannt. Problematisiert wurde auch, dass die Ausbildung in den einzelnen Mitgliedsstaaten noch immer sehr unterschiedlich ablaufe und die gegenseitige Anerkennung der Berufsabschlüsse und -qualifikationen innerhalb der EU unzureichend sei. Wichtig sei daher, dass mehr Menschen für einen Beruf im Gesundheitswesen motiviert werden. Dazu zählt auch, dass Arbeitsplätze attraktiver werden, indem die Bezahlung verbessert und Gesundheitsgefahren reduziert werden. In die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Fachkräften müsste stärker investiert werden. Eine volle Mobilität von Fachkräften müsste erzielt werden, um regional unterschiedlich ausgeprägte Fachkräftemängel besser ausgleichen zu können. Voraussetzungen dafür sind, dass Berufsqualifikationen anerkannt werden und eine Fachkräftezuwanderung aus Drittstaaten gefördert wird. Die EU-Kommission hat nun einen Vorschlag für eine „Kompetenz-Union“ der „Union of Skills“ vorgelegt. Diese bezieht sich generell auf die Bewältigung des Fachkräftemangels in der EU, nicht alleinbezogen auf das Gesundheitswesen.
Vier Kernelemente prägen das Konzept: Das Niveau der Grundkompetenzen innerhalb der EU soll erhöht werden, um grundlegende Lese-, Schreib- und Rechenkompetenzen sowie naturwissenschaftliche und digitale Kompetenzen zu erhöhen. Des Weiteren soll das lebenslange Lernen gefördert werden, insbesondere mit Blick auf Weiterbildungen und Umschulungen. Außerdem soll die grenzüberschreitende Rekrutierung von Fachkräften für Mangelberufe auf allen Qualifikationsniveaus erleichtert werden. Die EU-Abgeordneten begrüßten den Vorschlag, brachten jedoch auch Aspekte ein, die ihnen noch nicht ausreichend berücksichtig erschienen. Dazu zählen ein Recht auf Aus- und Weiterbildung, die Bindung von jungen Menschen an ihre Herkunftsländer, eine Harmonisierung der EU-Bildungs- und Sozialsysteme inklusive der Mitnahme sozialer Rechte bei Arbeitsmigration innerhalb der EU, mehr Wertschätzung für berufspraktische Bildung, die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt sowie die Förderung der Rückkehr in den Beruf von Frauen nach Eltern- und Pflegezeiten.
Veröffentlicht am 01. April 2025