Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser,
mit dem Ampel-Aus muss eine bittere Bilanz gezogen werden: Für Menschen mit psychischen Erkrankungen wurden keinerlei Reformen erzielt. Das Hinauszögern der Gesetzgebung, die wir in den letzten drei Jahren erlebt haben, geht nun mit dem Auseinanderbrechen der Ampel voll zulasten der Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Der Koalitionsvertrag versprach ein breites Maßnahmenpaket – von einer besseren Aufklärung über psychische Erkrankungen über die Stärkung der Prävention psychischer Erkrankungen bis hin zu dem notwendigen Ausbau der Behandlungsangebote im ambulanten und im stationären Bereich. Ein vollmundiger Koalitionsvertrag, der nun einen faden Beigeschmack zurücklässt. An Aktualität haben die Probleme nicht verloren – ganz im Gegenteil! Die Herausforderungen werden in den kommenden Jahren noch größer. Hohe Prävalenzen, steigender Versorgungsbedarf, fehlende Behandlungskapazitäten und unzumutbar lange Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz prägen seit Jahren die psychotherapeutische Versorgung und erschweren, dass Patient*innen zeitnah ein Behandlungsangebot erhalten. Die Schere zwischen Nachfrage und Angebot in der ambulanten Psychotherapie geht immer weiter auseinander. Der Versorgungsbedarf steigt und steigt.
Auch eine neue Koalition muss dazu in der Lage sein, sehr schnell die Fäden aufzunehmen und Verbesserungen zu schaffen. Die Menschen haben keine Zeit, um jetzt mehrere Jahre auf Gesetzesreformen zu warten. Patient*innen brauchen heute und morgen eine gute Versorgung, die zukünftig nur sichergestellt werden kann, wenn die Prävention gestärkt wird, gezielt Versorgungsangebote ausgebaut werden und ausreichend Fachpsychotherapeut*innen zur Verfügung stehen.
Psychische Gesundheit muss konsequent mitgedacht werden. Wir können es uns als Gesellschaft nicht länger leisten, dass das Thema psychische Gesundheit und psychotherapeutische Versorgung stiefmütterlich behandelt wird.
Herzlichst,
Ihre Dr. Andrea Benecke
Veröffentlicht am 17. Dezember 2024