Gesundheitspolitik
Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist
Welchen Einfluss das Ampel-Aus auf die psychotherapeutische Versorgung hat
Seit Monaten wurde im politischen Berlin darüber spekuliert; nun ist im November die Entscheidung gefallen: Die Koalition aus SPD, FDP und Grünen ist auseinandergebrochen. Für die Anliegen der Psychotherapeut*innen und ihrer Patient*innen ist das Ampel-Aus ein herber Rückschlag. Viele Gesetzesvorhaben standen kurz vor der Schlussabstimmung im Deutschen Bundestag. So auch das für die psychotherapeutische Versorgung vielversprechende Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG). Es beinhaltete eine separate Bedarfsplanung für Kinder und Jugendliche, Ermächtigungen für besonders vulnerable Gruppen und den Abbau bürokratischer Vorgaben. Außerdem sollten Regelungen zur Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung getroffen werden.
Dieses und andere Vorhaben drohen nun der Diskontinuität anheimzufallen. Die Gesetzgebung müsste in der nächsten Legislatur den kompletten Gesetzgebungsprozess erneut durchlaufen. Es wird deshalb mindestens ein Jahr dauern, bis Änderungen in Kraft treten können – unter der Voraussetzung, dass sich die zukünftigen Koalitionspartner*innen schnell einig werden.
Fest steht: Bewegt sich jetzt nichts, waren es für die psychotherapeutische Versorgung vier verlorene Jahre.
Der Druck auf die Parteien im Deutschen Bundestag ist groß. Die Minderheitsregierung aus SPD und Grünen hat einen Appell an die CDU/CSU gerichtet, dringend notwendige Entscheidungen für die Zukunft unseres Landes noch in dieser Legislatur zu treffen. Die Union hat signalisiert, dass sie eine Einigung in verschiedenen Politikbereichen ermöglichen könnte.
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) sieht an drei Stellen Handlungsbedarf: Neben der Finanzierung der Weiterbildung, für die sich die gesamte Profession in den letzten Monaten bei Aktionen und Kundgebungen eingesetzt hat, muss noch in dieser Wahlperiode eine separate Bedarfsplanung für Kinder und Jugendliche beschlossen werden. Das Vorhaben hat über die Fraktionen hinweg viel Zuspruch erhalten und wird auch vom unparteiischen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses unterstützt. Es könnte – aufgrund des Verhandlungsstands im parlamentarischen Verfahren – demnächst in einem Sammelgesetz in 2./3. Lesung im Deutschen Bundestag verabschiedet werden. Ob dies gelingt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Die BPtK steht dazu in engem Austausch mit der Politik.
Eine Hoffnung gibt es bereits für die im GVSG geplante Ermächtigung für vulnerable Patient*innen wie Menschen mit Suchterkrankungen, schweren psychischen Erkrankungen und daraus resultierenden erheblichen Funktionseinschränkungen sowie Personen mit intellektuellen Beeinträchtigungen. Das Bundesgesundheitsministerium plant, die Ermächtigung nun über eine Änderung der Ärzte-Zulassungsverordnung auf den Weg zu bringen, für die eine Zustimmung des Parlaments nicht erforderlich ist.
Die BPtK hat das Vorhaben in ihrer Stellungnahme ausdrücklich begrüßt. Mit dieser Regelung würde die Grundlage für eine gezielte Verbesserung der Versorgung dieser vulnerablen Patientengruppen geschaffen. Auch die erforderliche Vernetzung zwischen den ermächtigten Psychotherapeut*innen und den an der Versorgung beteiligten Einrichtungen würde auf diese Weise gezielt gefördert werden.
Die Stellungnahme können Sie hier nachlesen: https://www.bptk.de/stellungnahmen/gesundheitsversorgungsstaerkungsgesetz-gvsg/
Veröffentlicht am 17. Dezember 2024