Intersexualität ist keine Krankheit
BPtK begrüßt Verbot von medizinischen Eingriffen an Kindern
Die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt das geplante Verbot von geschlechtsanpassenden Operationen an intersexuellen Neugeborenen und Kindern, die nicht medizinisch notwendig sind. In Deutschland leben schätzungsweise 120.000 Menschen, die weder mit eindeutig männlichen oder weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurden. Sie tragen nicht den geschlechtsspezifischen Chromosomensatz, das Mengenverhältnis ihrer Hormone ist anders oder sie besitzen männliche und weibliche Fortpflanzungsorgane. Bisher werden viele Intersexuelle im frühen Kindesalter operiert. Ihnen werden zum Beispiel Hoden entfernt oder die Klitoris verkleinert. Noch 2016 operierten Ärzte mehr als 2.000 Kinder unter zehn Jahren an den Genitalien.
»Intersexuelle Kinder sind körperlich und psychisch gesunde Kinder. Ihnen per Operation ein eindeutiges Geschlecht zu geben, kann zu schweren traumatischen Erfahrungen führen“, erklärt BPtK-Präsident Dr. Dietrich Munz. „Operationen im Kindesalter werden von intersexuellen Menschen später oft als Zwang und gravierende Verletzung ihres Selbstbestimmungsrechts erlebt, insbesondere dann, wenn die entwickelte Geschlechtsidentität nicht mit dem anoperierten Geschlecht übereinstimmt. Intersexuelle Menschen sollten über ihr Geschlecht selbst bestimmen können und sich auch als zwischengeschlechtliche Menschen verstehen dürfen. Eingriffe an Geschlechtsmerkmalen gehören deshalb verboten, außer sie verhindern eine Gesundheits- oder Lebensgefahr beim Kind.“
Nach den Plänen der Bundesregierung dürfen Eltern nicht mehr in Behandlungen einwilligen, die das körperliche Erscheinungsbild des Kindes an das männliche oder weibliche Geschlecht angleichen sollen. Die Entscheidung soll grundsätzlich verschoben werden, bis das Kind selbstbestimmt einwilligen kann. Dies ist grundsätzlich erst ab dem 14. Lebensjahr möglich. Ist ein operativer Eingriff nicht zu verschieben, bedarf die Einwilligung der familiengerichtlichen Genehmigung, außer in Fällen, in denen die Gesundheit und das Leben des Kindes in Gefahr sind. Dafür muss eine interdisziplinäre Kommission den Eingriff beurteilen und ihn befürworten, weil er dem Wohl des Kindes am besten entspricht. In dieser Kommission sollte – anders als bisher im Gesetzentwurf vorgesehen – neben Psychotherapeut*innen und Ärzt*innen jedoch verpflichtend auch eine intersexuelle Beratungsperson vertreten sein, fordert die BPtK.
Veröffentlicht am 13. Januar 2021