Kindern gesundes Aufwachsen ermöglichen

Der Staat will Kindesmisshandlung und -vernachlässigung wirksamer verhindern. "Kinder besser zu schützen und Risikofamilien zu helfen, ist ein wichtiges Ziel", erklärte Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), zu einem gemeinsamen Antrag "Gesundes Aufwachsen ermöglichen" von CDU/CSU und SPD-Abgeordneten im Deutschen Bundestag (BT-Drs. 16/4604)."Wirksame Hilfe benötigt allerdings vor allem die Kooperation mit den Eltern", betonte der BPtK-Präsident. "Eine systematische Suche nach Risikofamilien darf deshalb keinen Fahndungscharakter bekommen.""Mit besserer Früherkennung allein ist gefährdeten Kindern außerdem nicht geholfen." Eine entscheidende Frage ist, wie vernachlässigte Kinder wirksam unterstützt werden können, wenn sie in ihrer Entwicklung hinter ihren Altersgenossen zurückbleiben oder psychisch krank sind. "Damit Risikofamilien ihren Alltag besser meistern, müssen in erster Linie Eltern lernen, gute Eltern zu sein. Manchmal brauchen sie und ihre Kinder auch psychotherapeutische Hilfe", stellte BPtK-Präsident Rainer Richter fest. "Die Kommunen aber sparen weiter bei der Erziehungsberatung und die Wartelisten bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind lang."Nach wie vor herrscht im deutschen Gesundheitssystem eine massive Unterversorgung von psychisch kranken Kindern. Etwa 20 Prozent der deutschen Wohnbevölkerung ist 18 Jahre oder jünger. Die Prävalenz psychischer Krankheiten bei Kindern und Jugendlichen ist mit etwa 20 Prozent ungefähr so hoch wie bei Erwachsenen. Dennoch erreicht der Anteil der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten an allen Psychotherapeuten nur 12,2 Prozent. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit aus dem Jahre 2000 zeigt, dass nur rund 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die eine Psychotherapie suchten bzw. für die eine Psychotherapie gesucht wurde, ein Therapieangebot fanden. Nicht einmal die Hälfte der als psychisch krank diagnostizierten Kinder und Jugendlichen wird psychotherapeutisch oder psychiatrisch versorgt, so ein Ergebnis der BELLA-Studie des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahre 2006.Kindesmisshandlung und -vernachlässigung treten nicht in allen sozialen Schichten gleichermaßen häufig auf. "Gefährdete Kinder leben häufig in Armut und Perspektivlosigkeit", hob Rainer Richter hervor. "Familien- und Gesundheitspolitik allein können dieses Problem nicht lösen."