PKV - endlich Versicherungsschutz für psychisch Kranke
BPtK unterstützt Einigung auf PKV-Basistarif in der Gesundheitsreform
Die meisten privaten Krankenversicherer schließen psychisch Kranke aus - das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). 40 von 48 Unternehmen, die im Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) organisiert sind, nehmen grundsätzlich keine psychisch kranken Menschen auf, die übrigen acht machten hierzu keine oder keine eindeutigen Aussagen.
"Diese erschreckende Bilanz macht deutlich, wie wichtig es ist, die PKV zu einem "Basistarif" ohne individuelle Risikoprüfung zu verpflichten", erklärte Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der BPtK. "Bisher kann in Einzelfällen schon eine Konsultation bei einem Psychotherapeuten oder Psychiater dazu führen, dass ein Patient als nicht versicherungsfähig eingestuft wird. Die Gesundheitsreform sollte hier unbedingt korrigierend eingreifen, damit die PKV ihre Risikoselektion zu Lasten psychisch Kranker beendet."
Potenziell sind Millionen von Versicherten betroffen: Psychische Störungen entwickeln sich zu einer der größten gesundheitspolitischen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte. Nach den Ergebnissen des Bundesgesundheitssurveys 2004 erkrankt etwa jeder dritte Erwachsene im Laufe eines Jahres an einer psychischen Störung. Das sind über 16 Millionen erwachsene Menschen pro Jahr. "Die PKV schließt eine riesige Gruppe von Patienten aus ihrem Versicherungsschutz gezielt aus", kritisierte BPtK-Präsident Rainer Richter.
Neun private Krankenversicherungen lehnten die Aufnahme sogar dann ab, wenn die psychische Erkrankung erfolgreich behandelt wurde und schon Jahre zurückliegt. "Diese Privatversicherungen behandeln psychisch Kranke wie Aussätzige", stellte Richter fest. Doch auch der Rest der privaten Krankenversicherungen baut hohe Hürden, um sich schlechte Risiken vom Hals zu halten: Etwa die Hälfte der PKV-Unternehmen nehmen zwar Personen auf, die bereits einmal psychisch erkrankt sind. Diese Erkrankung muss aber häufig mehr als fünf bis zehn Jahre zurückliegen. Wer in der Schule mit Ritalin (ADHS) behandelt wurde, als Mädchen magersüchtig oder als Jugendlicher aufgrund aggressiven Verhaltens auffällig war, gefährdet schon in jungen Jahren seine Versicherungsfähigkeit bei der PKV. "Schon bei 20- bis 30jährigen betreibt die PKV massive Risikoselektion", erläuterte der BPtK-Präsident. "Wenn die PKV von maßgeschneidertem Versicherungsschutz spricht, kann sie dabei nicht ihre Versicherten im Auge haben. Wer seinen Versicherungsschutz so drastisch beschneidet, stellt seine eigene Existenzberechtigung in Frage."
Katastrophal sind die Umfrage-Ergebnisse für schwer psychisch Kranke: Wer an Depression, Schizophrenie oder anderen psychotischen Erkrankungen leidet, steht meist für immer vor den Türen der PKV. Depression ist eine psychische Erkrankung, die jeden treffen kann. Rund vier Millionen Menschen leiden in Deutschland an einer Depression. "Die PKV sorgt systematisch dafür, dass depressive Erkrankungen allein das finanzielle Risiko der Patienten und der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bleiben."
"Die PKV kann nicht ein Angebot bleiben, dass sich fast ausschließlich an Gesunde richtet", forderte BPtK-Präsident Richter. "Die Versicherten brauchen schützende Vorschriften des Gesetzgebers." Der in den Eckpunkten zur Gesundheitsreform diskutierte "PKV-Basistarif" sei deshalb "dringend erforderlich". Seine wesentlichen Elemente sind: Keine individuelle Risikoprüfung oder Risikozuschläge bei Vorerkrankungen und ein umfassender Versicherungsschutz wie in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Veröffentlicht am 04. Juli 2006